Woher kommt eigentlich Gin und welche Geschichte steckt hinter der Wacholderspirituose? Was die Niederlande mit dem Gin zu tun haben und welche Entwicklungsstufen nötig waren, thematisiert dieser Artikel.
Etwa ab dem 12. Jahrhundert gelang die antike Kunst der Destillation wieder nach Europa. Im 8. und 9. Jahrhundert wurde Alkohol zunächst nur für medizinische Zwecke verwendet. Im 12. Jahrhundert entstand das sog. „aqua ardens“ – das „brennende Wasser“, ein noch eher minderwertiges Destillat, welches etwa 100 Jahre später vom italienischen Arzt Taddeo Alderotti deutlich verbessert wurde.
Kein Gin ohne Wacholder
Bevor aber der Wacholder (engl. Juniper) in den Gin fand, sprach man seinen Beeren und dem ganzen Baum im 13. Jahrhundert eine heilende Wirkung zu, u.a. wurde er gegen Magen-Darm Probleme und Erkrankungen der Leber verwendet. Zu Zeiten der großen Pest zwischen 1347 und 1353 setzte man große Hoffnungen in die desinfizierende Heilkraft von Beeren und Pflanze. Wohnungen und Häuser wurden mit Wacholder ausgeräuchert und sogar die zu Pestzeiten bekannten Schnabelmasken mit Kräutern und Wacholder ausgestopft.
Von Genever zu englischem Gin
Ab dem 16. Jahrhundert wurde Alkohol weniger aus medizinischen Gründen destilliert, sondern vielmehr zu Genußzwecken. Man entwickelte Möglichkeiten auch aus Getreide eine alkoholische Grundlage zu produzieren – ein Meilenstein. Es enstanden ländertypische Brände: Whisky aus Schottland, Vodka aus Russland oder Cognac aus Frankreich.
Nicht unbedingt in England wurden die ersten Ableger des Gins geboren, in Frankreich, den Niederlanden und Belgien entstanden etwa um 1550 die ersten Getreidebrände, die mit Wacholder aromatisiert wurden – der Genever. Die Familie Bols, brannte um 1580 in Amsterdam ebenfalls mit Wacholder aromatisierte Spirituosen, die folgend in England zu reißendem Absatz und zunehmender Beliebtheit führten.
Zu Zeiten des dreißigjährigen Krieges und später auch dem Feldzug gegen Spanien, in welchem die Niederlande mit England im Bündnis standen, sollen sich die Niederländer mit ihrem Genever Mut angetrunken haben. Die englischen Soldaten nahmen den Genever mit in die Heimat und kopierten ihn bald aufgrund seines Erfolges und der schnell gewonnenen Bekannheit. Der Genever wurde kurzerhand angelsächsisch in „Gin“ verkürzt.
Die Worshipful Company of Distillers
1638 gründete der Leibarzt des englischen und französischen Königs, Théodore de Mayerne die „Worshipful Company of Distillers“ welche von Monarchenseite exklusiv das Recht für eine Alkoholherstellung im Londoner Raum zugesprochen wurde.
1692 veröffentlichte William Y-Worth, ein angesehener Alchemist und Freund von Isaac Newton, The Compleat Distiller. Darin berichtet er von den niederländischen Brennmethoden, hob diese hervor und kritisierte gleichzeitig die Verfahren der Worshipful Company.
Gin im Übermaß
Mit der Krönung von Wilhelm III. 1688 wurde ein Gesetz zur Förderung der landeseigenen Destillation von Weinbränden und Spirituosen erlassen. Steuern und Abgaben wurden reduziert, gleichzeitig französischer Branntwein verboten. Die Folge waren extrem geringe Gin-Preise und ein deutlicher Qualitätsverlust. England wandelte sich, die Armenviertel wuchsen und Gin wurde in Hülle und Fülle konsumiert, er war billig und der Handel boomte.
Es folgten die Jahre vom wachsenden Gin Genuß aller Gesellschaftgruppen. Der Gin wurde billiger und der Verbrauch stieg bis auf einen Jahreskonsum von 27 Million Liter. Mehrere Gesetze zur Reduzierung des hohen Konsums wurden erlassen, aber Steueranhebungen und teurere Lizenzgebühren brachten zunächst nur wenig.
Ein bekanntes Bild von William Hogarth mit dem Namen „Gin Lane“ zeigte 1751 die Schrecken und den Zerfall der Gesellschaft durch den anhaltend hohen Gin-Konsum.
Schlechte Ernten und hohe Preise
Nach 1751 zeigte ein weiteres Gesetz mit weiteren Steueranhebungen zusammen mit schlechten Getreideernten endlich Wirkung – der Gin Verbrauch ging zurück. Die hohen Preise schreckten ab und die Qualität verbesserte sich. Kleinere Destillen mussten schließen und ebneten den Weg für die Vorväter der heutigen bekannten Marken. Alexander Gordon, Thomas Dakin (angeblich Grundrezept des Bombay Sapphire Gin) und die Familie Coates stiegen in das Geschäft ein.
Gin wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts wieder ‚In‘, erreichte jedoch noch bei weitem nicht den Standard des niederländischen Genevers.
Gin Cocktails werden geboren
Als der Old Tom Gin, eine leicht gesüßte Variante, entstand wurden auch Cockails wie der (John) Tom Collins geboren. Der Old Tom stellt quasi eine Art Bindeglied zwischen dem Genever und späteren London Dry Gin dar.
Literatur
[1] How to Drink Gin: Vom Mixen und Trinken – 10. September 2016 Dave Broom
[2] Gin: Geschichte – Herstellung – 1. November 2016 Bernhard Schäfer
[3] Gin: Geschichte, Herstellung, Marken – 1. August 2015 Jens Dreisbach