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Craft Gin – Trend des selbstgemachten Gins

Vom „Wacholderschnaps“ zur Edelspirituose – Der sagenhafte Aufstieg des Craft Gins
Beim Stichwort „edle Spirituosen“ kam bis vor kurzem den wenigsten Menschen Gin in den Sinn. Doch die Zeiten ändern sich, und so hat der Gin in den letzten Jahren sein Image als reine Cocktailzutat mehr und mehr abgestreift. Nach dem Craft Beer Boom erobert nun der Craft Gin zusehends die Spirituosenregale und muss sich nicht länger hinter Whisky, Rum und Cognac verstecken.

Ein geschichtsträchtiges Getränk

Immer mehr Genießer entdecken, wie facettenreich Gin sein kann und erfreuen sich an den komplexen, berauschenden Aromen von Gewürzen und Kräutern, die weit über das Repertoire traditioneller, überwiegend vom charakteristischen Duft der Wacholderbeeren dominierter Gins hinausgehen. Historisch betrachtet ist der Gin aus dem niederländischen Jenever hervorgagangen, einer Spirituose, die seit etwa 500 Jahren hergestellt und konsumiert wird. Beim Gin handelt es sich hierbei um die englische Interpretation des Jenevers. Während er anfangs als Getränk und Laster der Armen galt, wurden die Rezepturen über die Jahrhunderte immer raffinierter und so eroberte der Gin die Gaumen und Herzen von Menschen aus sämtlichen Gesellschaftsschichten. Die Liste botanischer Extrakte und Zutaten, die zur Verfeinerung des Gins eingesetzt wurden, wuchs beständig und umfasste schnell Gewürze wie Anis oder Orangenschalen. Im England des 19. Jahrhundert, während des viktorianischen Zeitalters, entwickelte sich Gin zwar zeitweise zu einem beliebten Statussymbol und fand seinen Weg in zahlreiche Cocktails und Longdrinks, wie etwa den weit verbreiteten Gin Tonic. Dennoch konnte der Gin seinen Ruf als „aromatisierter Schnaps“ scheinbar nie ganz loswerden und wurde deshalb als Spirituose insgesamt doch eher stiefmütterlich behandelt. Doch nun ist das Phänomen „Craft Gin“ in aller Munde, was bedeutet, dass sich ein grundlegender Imagewandel des Gins vollzogen hat. Woran liegt das?

Dauerbrenner aus der Schwarzwald-Brennerei: Monkey 47 und der globale Gin-Hype

Eine Legende besagt, dass der Brite Montgomery Collins, der 1945 nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs als britischer Soldat nach Deutschland gekommen war und später im Schwarzwald einen Gasthof namens „Zum wilden Affen“ betrieb, in Zusammenarbeit mit einem ortsansässigen Brenner eine eigene Gin-Rezeptur entwickelte. Dieses Rezept wurde später, lange nach dem Tod von Collins, entdeckt und von den Unternehmern Alexander Stein und Christoph Keller wiederbelebt. Das Resultat ist der Monkey 47 ,dessen Name eine Reminiszenz an das Gasthaus und eine Anspielung auf die 47 botanischen Zusätze des Gins ist. Seitdem trat der Monkey 47 einen beispiellosen Siegeszug durch die Welt an und trug maßgeblich zur positiven Wahrnehmung des Gins bei. Dabei gehört dieser Gin zu den sogenannten Craft Spirits, da er kein standardisiertes Massenprodukt ist, sondern in sogenannten „batches“ hergestellt wird. Es handelt sich hierbei um individuelle „Durchläufe“ beim Destillierprozess, die anschließend 3 Monate in Steingutgefäßen gelagert werden. Der Monkey 47 schmeckt also von Batch zu Batch, also von Charge zu Charge, unterschiedlich. Diese Eigenschaft teilt er mit anderen Craft Spirits, die nach handwerklicher Tradition hergestellt werden und sich damit wohltuend von der Massenware unterscheiden. Obwohl dieser Trend – ähnlich wie das Craft Beer – aus den USA stammt, war es der Monkey 47, der den Gin international und auf breiter Fläche als pures Genussgetränk salonfähig machte.

Ein Bouquet der Gewürze: Hochwertiger Gin aus aller Herren Länder

Andere bekannte Namen aus der Craft Gin Szene sind beispielsweise Hendricks Gin(Großbritannien) oder The Botanist, ein Gin von der insbesondere für ihre rauchigen Whiskys berühmten Insel Islay vor der Nordwestküste Schottlands. Handgemachter Gin ist jedoch ein wahrhaft globales Phänomen, und so bekommt man exzellente Gins sowohl in „small-batch“ (= Kleinabfüllungen) als auch „micro-batch“ (=Kleinstabfüllungen) wie der Hero Gin von der Mosel. Aber nicht nur aus Ländern, die bis vor kurzem kaum jemand auch nur annähernd mit Gin in Verbindung gebracht hätte. Aus Kolumbien etwa stammt der in Rumfässern ausgebaute Dictador Premium Colombian Aged Treasure Gin. Darüber hinaus gibt es auch mit Rosmarin, Thymian und Basilikum aromatisierten Gin aus Spanien (Gin Mare) oder Estland (Crafters London Dry Gin).

Zudem hat handgemachter Gin auch in den USA, wie bereits angesprochen, eine eingefleischte Fangemeinde, wofür beispielsweise extravagante Gins wie der in Cabernet Sauvignon Fässern ausgebaute No.209 Cabernet Sauvignon Barrel Reserve Gin stehen. Eigenwilligkeit und Charakter werden bei all diesen Gins groß geschrieben, wobei das charakteristische Geschmackserlebnis ganz im Vordergrund steht.

Während sich diese Gins selbstverständlich zur Veredelung von Cocktails bestens eignen, wäre es schade, sie nicht auch pur und unverdünnt zu erleben. Denn die aromatische Bandbreite dieser Gins ist in jeglicher Hinsicht darauf ausgelegt, geschmacklich erkundet zu werden. Damit steht handgemachter Gin für weitaus mehr als nur eine Rehabilitierung des Gins als eigenständiges Getränk – es handelt sich bei diesem Phänomen um den Ausdruck einer neuen Lust am Forschen mit würzigen, prägnanten Geschmäckern, die in der Spirituosenwelt lange Zeit eher ein Nischendasein fristeten. Es ist der Verdienst ambitionierter und innovativer Hersteller solcher Craft Spirits, dass der Gin endlich seinen rechtmäßigen Platz unter den übrigen Spirituosen gefunden hat. Gin ist nun tatsächlich beliebter, als es sich je eine Destillerie der Vergangenheit erträumt hätte.

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